
Die Zerstörung von Eigentum ist nur eine von vielen schmutzigen Praktiken die von Grenzbeamt*innen eingesetzt werden, um die Geflüchteten vom Grenzübertritt abzuhalten. ©Selene Magnolia
Alles für die Abschreckung
Unser Einsatz in Bosnien-Herzegowinas Hauptstadt liegt bereits ein paar Monate zurück, die Situation der dort lebenden Geflüchteten ist für uns deswegen aber nicht aus dem Blickfeld verschwunden. Die medizinische Gesamtversorgungs ist nach dem Ende des Winters nicht besser geworden, das Grenzregime der EU weiterhin existent und damit auch die illegalen Pushbacks. Pushbacks, das sind extralegale Rückführungen über eine Staatsgrenze. Ohne vorherige Anhörung, ohne Verfahren. Dafür oft mit viel Gewalt und Zwangsmaßnahmen.
Systematik statt Einzelfälle
Dass Pushbacks keine Fälle von Fehlverhalten einzelner Grenzbeamt*innen sind, legen neue, detaillierte Berichte nah. Basierend auf empirischen Untersuchungen zeigen sie, dass gewaltsame Zwangsrückführungen einem System folgen. Menschen sollen entmutigt werden aus EU-Anrainerstaaten in die EU zu flüchten, wo Furcht nicht ausreicht wird es ihnen physisch unmöglich gemacht. Gezielte Zerstörung von Handys, Stehlen von Schuhen, Schlafsäcken und Zelten, all das wurde auch uns in Einzelgesprächen immer wieder berichtet, wenn Geflüchtete vom "Game" genannten Versuch über die bosnisch-kroatische Grenze zu gelangen nach Sarajevo zurück kehrten. Fast jede Person klagte über das Vorgehen, welches in vielen Fällen eine systematische Willkür aufzeigte.
Handys zu zerstören erschwert die Kommunikation der Geflüchteten untereinander, sie haben keine Möglichkeit sich über Kartenmaterial zu orientieren, sind buchstäblich abgeschnitten in einer ihnen fremden Umwelt. Ihnen zusätzlich Schuhe, Zelte und andere Ausrüstung zu entwenden ergänzt dieses grausame System. Wer keine Schuhe hat, kann nicht lange laufen. Ohne Schlafsack und Zelt ist eine Nacht draußen bei winterlichen Temperaturen potentiell tödlich. Je stärker der abschreckende Faktor, so hoffen viele Regierungen auf dem Balkan, um so weniger Menschen überqueren die Grenzen und um so eher kann sich in Brüssel als guter Grenzwächter präsentiert werden. Gerade für Staaten im EU-Aufnahmeverfahren wie Serbien dient eine solch harte Linie neben innenpolitischen Interessen auch einer Profilierung gegenüber der Europäischen Union, die im Eigeninteresse die Augen vor den Menschenrechtsverstößen verschließt.
Körperliche Gewalt ist an den Grenzen auf der Balkanroute trauriger Alltag. Der Mann auf dem Bild wurde mit erhobenem Schlagstock bedroht und verletzte sich selbst seinen Arm, als er diesen zum Schutz hochriss. ©Selene Magnolia
Abschottung erzeugt Leid
Wie schon angesprochen ist körperliche Gewalt ein Mittel unter vielen, um diese extralegalen Rückführungen durchzusetzen. Da unser Schwerpunkt in der Arbeit auf medizinischer Hilfe lag, war diese Form von Gewalt auch am ehesten für uns präsent. Platzwunden am Kopf, gebrochene Arme, Schwellungen im Gesicht, all das war noch in Sarajevo fernab der Grenzen leider ein nur zu häufiger Anblick. Sei es an der montegrinisch-bosnischen Grenze, der Grenze zu Serbien oder Kroatien: überall wird körperliche Gewalt genutzt um Geflüchtete abzuschrecken. Sie sollen erzählen, wie es ihnen ergangen ist um zukünftige Grenzübertritte so unattraktiv wie möglich zu machen.
Das eine solche Logik nicht greift sollten europäische Staaten längst begriffen haben. Sei es durch Ertrinken auf dem Mittelmeer, zusammengeschlagen werden auf der "Balkanroute" oder eingepfercht in Kühl-LKW – Menschen auf der Flucht müssen so viel Unfassbares erleiden und fliehen trotzdem. Weil sie müssen, weil teilweise keine Alternative zu einem "weiter vorwärts" besteht oder aus dem einfachen menschlichen Wunsch heraus, sich selbst eine bessere Zukunft woanders aufzubauen. Härtere Abschottung führt nicht zu weniger Geflüchteten. Es führt nur zu mehr Toten und Verletzten.
Wenn ihr mehr über das komplexe Thema Flucht und Pushbacks efahren wollt, empfehlen wir euch die Reportage des SRF aus Velika Kladusa im bosnisch-kroatischen Grenzgebiet in der Mediathek des SRF.
Veröffentlicht:
Verfasser*in: von Jonas Grünwald
by CadusPR
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