
Über 866 Menschen haben Oksana (rechts) und ihre Kolleg*innen alleine 2024 betreut und transportiert. Foto: CADUS
Interview: Als Ärztin in der Ukraine
Seit mehr als einem Jahr arbeitet Oksana als Ärztin für uns in der Ukraine. Im Kurzinterview gibt die gebürtige Ukrainerin uns einen Einblick in ihre täglichen Erfahrungen.
Was ist deine Rolle in diesem Einsatz?
Ich bin Anästhesistin und arbeite hier als Ärztin für die medizinischen Evakuierungsfahrten.
Wie würdest du die Situation in der Ukraine beschreiben?
Alles wird schlimmer. Der Krieg hört nicht auf, Russland beschießt ständig ukrainische Gebiete entlang der Frontlinie, erobert immer mehr neue Gebiete und zerstört alles auf seinem Weg. Außerdem greift es regelmäßig mit Raketen tief im Landesinneren an. Die Menschen sind erschöpft.
Oksana in einem unserer drei Rettungswagen,
die in drei Städten im Osten der Ukraine
stationiert sind. Foto: CADUS
Wie gestaltet sich deine Arbeit?
Es ist harte Arbeit. Zusätzlich zu der Tatsache, dass wir schwer verletzte Personen betreuen, die beatmet werden müssen, instabil sind, usw., muss dies unter ungünstigen Bedingungen geschehen: bei ständigem Lärm, Vibrationen, verschiedenen widrigen Wetterbedingungen und nachts.
Gab es einen besonderen Moment, der dir im Gedächtnis geblieben ist?
Am Anfang meiner Karriere haben sich mir schwierige medizinische Fälle eingeprägt. Jetzt sind es meistens Fälle, die eine emotionale Reaktion hervorrufen.
Zum Beispiel ein einsamer älterer Mann, dessen Haus durch Beschuss zerstört wurde und der bei seinem Freund wohnte. Als der Freund starb, unternahm der ältere Mann einen Selbstmordversuch und zündete eine Granate in seinen Händen.
Die Versorgung der Patient*innen ist belastend
und in einem Fahrzeug besonders anstrengend,
über die Hälfte benötigen intensiv-medizinische
Betreuung. Foto: CADUS
Ich habe einen ukrainischen Pass gesehen, in dem ein Splitter steckte. Der Verletzte trug das Dokument in seiner linken Brusttasche und überlebte. Ein bisschen symbolisch.
Letzte Woche haben wir einen Mann mit einer schweren Kopfverletzung untersucht, der ein Tattoo vom Kleinen Prinzen aus dem Buch von Antoine de Saint-Exupéry auf seiner Schulter hatte. Ich habe einen Herzmonitor-Sensor neben dem friedlich sitzenden Prinzen befestigt und dachte die ganze Zeit über das Leben nach.
Was ist derzeit der dringendste Bedarf?
Tatsächlich gibt es viele Bedürfnisse. Von medizinischer Ausrüstung, Medikamenten und Verbrauchsmaterialien bis hin zu verschiedenen Schulungskursen, psychologischer Unterstützung für Opfer und Betreuer usw.
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